Hellerau - Stockfeld

Zwei Gartenstädte: in Dresden und Straßburg

StockfeldDas Pendant Cité-Jardin Stockfeld zur Dresdner Gartenstadt Hellerau liegt am südlichen Stadtrand des elsässischen Straßburg. Im hundertsten Jahr nach der Gründung von Stockfeld 1910 war beiden Siedlungen, im Werkbundhaus Dresden-Hellerau eine Ausstellung gewidmet. Sie zeigte auf die verblüffende Ähnlichkeit der im Zeitgeist von Lebensreform und Werkbund-Bewegung konzipierten und nahezu zeitgleich gebauten beiden Stadterweiterungen. Das hatte mich neugierig gemacht auf Stockfeld …

Stockfeld finden - nicht ganz leicht

Wie immer orientiere ich mich erstmal offiziell im Office de Tourisme de Strasbourg am Straßburger Münsterplatz, frage bei den Damen, bitte um Information über die Gartenstadt, Cité-Jardin Stockfeld „… kennen wir nicht, Info-Material gibt es nicht.“ Ich insistiere, bitte um Nachfrage bei der Zentrale: „ja, ja doch es gäbe eine Siedlung die so heiße, im Stadtteil Neufeld“ ich solle doch dorthin fahren und vor Ort fragen.

      Freundliche Nachbarn des Quartiers in dem ich an meinen Straßburger Tagen wohne, helfen weiter. Sie wissen von der Gartenstadt, waren selbst aber noch nicht dort. Freunde werden befragt, im Stadtplan wird nachgeschlagen bis die Route gefunden ist – Neudorf – Neuhof — Rue du Rossignol – Rue de la Breitlach und endlich Rue du Stockfeld. Ich programmiere das Navi auf „kurze Strecke“ dass ich auch durch Nebenstraßen komme. Als ich dann auf dem Weg bin, knapp 10 Kilometer eine halbe von Stadtzentrum Stunde etwa, ist es ein angenehmes Fahren, überall verkehrsberuhigt 30 Kmh, bis auf Strecken des Hauptverkehrs wie Avenue du Neuhof. Ich durchfahre das Stadtviertel Neufeld das zehn Prozent der Einwohner des großen Straßburg aufnimmt. Dominiert von großen Baublöcken - Neuhof hat die höchste Konzentration an Sozialwohnungen im Großraum Straßburgs - ist es die "Banlieue" Strasbourgs mit den entsprechenden Problemen; da brennen schon mal an Sylvester die Autos, viele. Dass ich weiterfahrend in den Süden näher komme der Gartenstadt, erkenne ich am sich zum Offenen, Grünen ändernden Stadtbild, schließlich an der Straße mit Namen Stockfeld und dort an zwei Bildtafeln, angebracht an einem kleinen Feuerwehrhaus. Sie besagen

Cité-Jardin – Stockfeld – 1910-1912

Das Ensemble, rund 470 Pavillons/Einheiten, wurde 1997 in die erweiterte Denkmalliste aufgenommen. Dank der politischen Bemühung um seinen Erhalt, konnte es in Zusammenarbeit der Stadt mit lokalen Akteuren und der Bewohnerschaft in den Jahren 2000 bis 2006 grundlegend saniert werden.

Die Gartenvorstadt Stockfeld, eine der ersten des europäischen Kontinents, wurde im Jahr 1910 von der Stadt Straßburg gegründet. Zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts mussten für Stadtumbau und Straßenachsen nahezu 3000 Bewohner aus der westlichen Altstadt ausgesiedelt und neu untergebracht werden.

Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Straßburg, bis heute Eigentümer und Verwalter, entwickelte ab 1909 dafür das Projekt und baute bis 1914 die 457  Wohnungen in den denkmalgeschützten Häusern.

Eine gute aktuelle Beschreibung beiden Gartenstädte bietet die französich/deutsch-sprachige  Broschüre zur Doppelausstellung Stockfeld – Hellerau der Werkbund-Ausstellung 2010 in Dresden-Hellerau.

       Mein Rundgang durch die Siedlung brachte insofern keine Überraschung, als dass ich mich beim Umschauen heimisch wie in Dresden-Hellerau fühlte, die gleiche Architektur, die gleiche liebevoll-penible Gartengestaltung überall. Nur kleiner ist es und dichter in seiner Bebauung, das Pendant und etwas nobler. Auch ein Problem hat man ähnlich dort wie hier: Eine ältere Dame angesprochen, sagte in bestem Elsässerdeutsch „... es ist schön hier zu leben, ruhig und sicher. Ich bin schon lange hier und möchte nicht weg. Aber Einkaufen was man so täglich braucht kann man nicht mehr, eine letzte Backstube schloss vor einem Jahr, das ist schlecht.“ Was ist denn ein Frankreich ohne sein täglich „pain fraise“? Tatsächlich fand ich am kleinen Einkaufsplatz Scharfeck nicht mehr als einen "Coiffeur", sonst leere Läden.

      Als ich Abschied nahm und wieder fahren wollte, war mein Wagen  von einem Müllwagen blockiert. Die Müllwerker - vier an nur einem Truck! - aßen gemächlich ihr Frühstück am Straßenrand. Auch das ist Frankreich. Bäumler 30.6.2016

 

Irène Kuhn danke ich für die Unterkunft und M. und Mme. Bacconnier für nachbarschaftliche Begrüßung und liebenswürdige Hilfe
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