Schloss Nöthnitz - Schloss verkauft
Literaturgeschichtliches Denkmal in Gefahr
Das Renaissanceschloss Nöthnitz, 1871 bis 1945 und wieder seit 1997 in Besitz der Familie von Finck, soll verkauft werden (Sächsische Zeitung 8. April 2009, Seite 19)Die Studien- und Gedenkstätte für Johann Joachim Winckelmann (1717-1768) und Graf Heinrich von Bühnau (1697-1762) schließt, eine Stiftung zur Fortführung kommt nicht zustande, der Förderverein wird aufgelöst. Ungewisse Zukunft für das literaturgeschichtliche Denkmal. (8.4.2009 Bäu)
Im folgenden Bericht über die Wiederbelebung des früheren Bühnauschen Besitzes und der Tätigkeitsstätte Winkelmanns:
Sächsiche Immobilienzeitung 3/2004, Seite 8
Heimkehr derer von Finck an den idyllischen Nöthnitzbach
Es war die Vision Viktor Freiherr von Finks, den Grafen Heinrich von Bühnau heimzuholen. Nicht leibhaftig, doch genau an die angestammte Wandstelle im originalgetreu restaurierten barocken Festsaal. Gemalt von Lous de Sylvestre, Hofmaler am sächsischen Hofe August des Starken, kehrte der Graf im Bildnis als Dauerleihgabe der staatlichen Kunstsammlungen an den Ort seiner Herkunft jüngst wieder zurück, in sein Schloss Nöthnitz.
Bühnau, Hofbeamter in verschiedenem sächsischen Dienst, wurde mit der von ihm verfassten, ersten „Teutschen Kayser- und Reichs-Historie“ als gelehrter Historiker bekannt. Der auch sonst begüterte Reichsgraf, hatte im Jahr 1739 in den Besitz Nöthnitz eingeheiratet. Dort sammelte er, die in seinem Jahrhundert, mit etwa 42.000 Bänden, größte Privatbibliothek Deutschlands an, eine der bedeutendsten des 18.Jahrhunderts überhaupt. Drei Bibliothekare beschäftigte der Graf. Der gelehrteste von ihnen, Johann Joachim Winckelmann, wirkte von 1748 auf dem Schloss bis 1754, seinem Weggang nach Rom. Er gilt als Wegbereiter der Klassik und Begründer der kunsthistorischen Archäologie.
Von seiner Rückkehr an, auf den Familienbesitz schon 1989, war es Bemühung des heutigen Schlossbesitzers, Victor Freiherr von Finck, dem geistigen Erbe der beiden berühmten Männer eine Gedenkstätte zu schaffen. Ein Schlossmuseum alleine hatte er nicht im Sinn. Viel mehr dachte er an ein lebendiges Haus der Begegnungen, eine Veranstaltungs- und Studienstätte, gar an die Einrichtung eines Forschungs-Stipendiums. Aus seiner Initiative gründete sich 1991 der Verein Studienstätte Schloss Nöthnitz e.V., der heute 170 Mitglieder und Förderer zählt.
Seit Erwerb im Jahr 1871, waren die Freiherren von Finck, Herren von Rittergut und Schloss Nöthnitz. Im Schicksalsjahr 1945 aber, wurde die Familie vertrieben und im Zuge der Bodenreform enteignet. Erst 1997 gelang Victor von Finck der Rückerwerb von Schloss und Park, nicht der weiteren Gutsgebäude, aus dem Bestand des Freistaates und der Treuhand-Nachfolgerin. Ein hartes Ringen um einen tragbaren Preis, auf schließlich erniedrigte 600.000 Deutsche Mark, war dem Kauf vorhergegangen. Zuvor schon, auf eigenes Risiko, hatte man mit Hilfe von Förderern und Spenden, geschätzt eine dreiviertel Million Mark in Erhaltung und Restaurierung gesteckt. Mit etwa 350 Tausend Euro war daran maßgeblich die Deutschen Stiftung Denkmalschutz beteiligt.
Die Gegend um den Eutschützer Grund ist seit dem 10/11ten Jahrhundert Siedlungsland von Sorben. Schriftliches Zeugnis von einem dortigen Netenitz=Viehof gibt erstmals 1370 das Abgabenregister des Klosters zum Heiligen Kreuz in Dresden. Um 1630 entstand auf Vorgängerbauten das Rittergut mit Schloss im Renaissancestil. Die Vorahnen der heutigen von Fincks richteten in Bühnau’scher Tradition im angestammten Saal wieder eine Bibliothek ein und bauten um. Außen zieren seitdem markante Spitzdächer die zwei Eckerkertürmchen und einen erschließenden Turm mit Wendelstein im Innenhof. Sie markieren ein Dreispitzbild, wenn man sich von der Schauseite her dem Schloss nähert.
Dazu gibt es vielerlei Gelegenheiten. Zu einem Museumsbesuch sind drei Gedenkräume der Studienstätte zugänglich. Das kleine Schlossmuseum dokumentiert, mit Ausstattung, Möblierung und der Sammlungen von Gipsabrücken, Kulturgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts. Hier lässt es sich hineindenken in Bühnaus Tätigkeit und in Winkelmanns sächsische und römische Zeit. Stöbern kann man auch in einer Universalbibliothek mit den Schwerpunkten Kunst, Klassische Archäologie und Literatur über die beiden Gelehrten. Das Vereinsleben ist vielseitig. Kulturwissenschaftliche Vorträge, Kammerkonzerte werden veranstaltet und Exkursionen zu ähnlichen Stätten organisiert. Nur für das Wohnsitz-Stipendium sind die Mittel nicht mehr da. Stilvolle Studentenbuden aber, vermietet der Schlossherr gerne. Für Hochzeiten und andere Feiern in kulturvollem Ambiente, kann man in die Räumlichkeiten einladen, Catering dazu wird gestellt. Und für längeres verweilen, schläft man in vier Zweibett-Zimmern schlossfrau/herrlich fein. Der Aufwand für Unterhalt und alle Aktivitäten muß aus Einnahmen und Spenden an den Verein getragen und privat von Familie von Finck erwirtschaftet werden. Jeder Besuch ist willkommen (11.3.2004 Bäu)
- jetzt leider nicht mehr.