Mit Christian Thielemann nach Graupa
Richard-Wagner-Stätten Graupa
Das neue Museum der Wagner-Stätten-Graupa empfängt sinnlich. Schon im Windfang zum Foyer tönt eine Klangdusche von Musiksequenzen aus den vier Dresdner Wagner-Opern sanft auf den Eintretenden herab.Der Musiksaal im vormaligen Jagdschloss öffnete sich dem Publikum mit einem MDR-Figaro "Operncafé" über Wagner-Gesang in lockerer Gesprächsrunde mit Christian Thielemann. Der Chefdirigent der Staatskapelle Dresden ist Schirmherr der Wagner-Stätten Graupa.
Musik in Dresden 11.2.2013
Thielemann über Wagner in Graupa
Er sei zwar vorher noch nie dagewesen, aber die Schirmherrschaft habe er spontan und gerne übernommen – für das neue Wagner-Museum im vormaligen Jagdschloss Graupa. Drei Tage erst vor der feierlichen Eröffnung am 12. Januar 2013, sei die Idee aufgekommen der Prominenz, die sich der kleine Orte nahe bei Pirna vom großen Namen Richard Wagner leiht, die weitere des Wagner-Dirigenten Christian Thielemann beizugeben.1846 hatte Wagner mit Frau Minna in Graupa zwischen Pillnitz und Pirna Urlaub von seinem Hofkapellmeisterdienst in Dresden gemacht. Die Skizzen zu Lohengrin entstanden dort. Sie logierten im Schäferschen Großbauernhaus, das seit 1907 als Lohengrin-Haus zu besichtigen und neben Bayreuth einzig erhaltene authentische Wohnstätte Wagners in Deutschland ist.
In Dresden wohl, doch außerhalb, wer wisse von Graupa schon, erzählte Thielemann. Und Neues fände sich auch, selbst wenn man glaube Wagner zu kennen. Wagner sei viel gewandert, habe in der Elbe täglich gebadet. Natur, die herrliche Landschaft, Sinnliches, Inspiration. Wenn er, Thielemann, heute am Elbufer entlang aus der Stadt heraus radele, bei einem Glas Wein beim Winzer in Elbnähe pausiere, empfinde auch er so. Herrlich. Und dann „zu Wagner ins Museum gehen … überhaupt, ich bin begeistert, dass man hier so viel investiert hat, das ist eine Großtat“ sprach der frischgekürte Schirmherr.
Wagner-Museum Graupa
In der Tat, das neue Museum der Wagner-Stätten-Graupa empfängt sinnlich. Schon im Windfang zum Foyer tönt eine Klangdusche von Musiksequenzen aus den vier Dresdner Wagner-Opern sanft auf den Eintretenden herab. Im feinst sanierten und für den Zweck ausgebauten vormaligen Jagdschloss
ist das Parterre mit sechs Räumen der Dauerausstellung gewidmet. Der Kurator, Michael Hurshell, Musikwissenschaftler, Dirigent und lehrt an der Dresdner Hochschule für Musik, hat das Augenmerk auf klangliches Erspüren der Wagnerschen Musik gelegt. Um ein breiteres Publikum in eine Wagner-Ausstellung zu ziehen brauche es unmittelbare, die Sinne ansprechende Berührung mit der Musik selbst.
Die Gestalter haben dazu, mit ausgefeilter multimedialer Technik in den zentralen Räumen der Ausstellung, einen „Pfad zu Wagner“ angelegt, durch den der Besucher auf verschiedenen Emotions-Ebenen wie „Liebe & Hass“ oder „Angst & Mut“ per Chipkarte sich führen lässt. Fünf solcher Gefühlspaare, für die beim Erwerb der Eintrittskarte zu entscheiden ist, sind angeboten; durchaus ein Anreiz wiederholt zu kommen. Frappant auch in technischer Sicht ist eine animierte Holografie-Szenerie, in der ein Schwan sich zur Figur wandelt, zu Lohengrin- und Holländer-Musik. Wie auch der Orchestergraben, in dem die Instrumente deren Töne zu hören sind animiert aufscheinen. Ohne viel musikhistorische Erklärung auf Tafeln, unmittelbar verständlich und individuell – durch das gewählte „Paar“ – und aktuell „interaktiv“, will die museale Inszenierung neue Besucherkreise für Wagner gewinnen, auch jüngere, die sonst mit seinem Werk noch nicht in Berührung gekommen sind. Hurshells großer Wunsch ist, „dass die Besucher Lust bekommen, in die Oper zu gehen.“
Thielemann im Figaro-Operncafé
Mit dem Umbau bekam das barocke Ex-Jagdschloss in seiner Beletage auch einen Veranstaltungssaal mit respektabler Akustik, der bis zu 199 Musikliebhabern Platz bietet. Hierhin hatten am Vorabend des Eröffnungstages auch MDR Figaro und Semperoper zu einer Gesprächsrunde „Operncafè Spezial“ zum Thema „Wagner-Gesang“ eingeladen. Spritzig einleitend hatte Figaro Opernredakteurin Bettina Volksdorf in die geladene Runde gefragt, ob es lebensgefährlich sein könnte, Wagner-Partien zu singen. Denn der „Uraufführungs-Tristan“ Ludwig Schnorr von Carolsfeld, sei ja in der ersten Aufführungsserie von „Tristan und Isolde“ 1865 in München auf den Brettern gestorben – nicht geklärt warum. „Na ja, gesund müsse man schon sein“ meinte Tenor Robert Dean Smith, der tags darauf die Titelpartie des „Lohengrin“ an der Semperoper in ausgegrabener Altinszenierung zu singen hatte. Weitere Gäste der Runde waren Christian Thielemann, Chefdirigent der Staatskapelle Dresden und Dirk Mürbe, Leiter der Phoniatrie und Audiologie der Uniklinik Dresden. Charmant geführt von der Moderatorin, entspann sich über die Anforderungen an Wagner Sänger/inen und Besonderheiten des Wagner-Gesangs ein eineinhalbstündiges Gespräch. An dessen Ende Thielemann zu schwärmen begann über Graupa an der Elbe und Wagner in Graupa und die Großtat – wie Eingangs gesagt.
Die „Großtat“ ist eine der Stadt Pirna, die sich 2006 zum Projekt Richard-Wagner-Stätten Graupa bekannt hatte. Für die Renovierung und Sanierung von Lohengrin-Haus und Jagdschloss, die Einrichtung des Museums, den Saal und erforderliche Nebenobjekte hat die Stadt Pirna 5,7 Millionen Euro aus Haushalt und Fördermitteln ausgegeben. Eine Investition, die sich für Pirna, obwohl im Schatten Dresdens, mit dem ‚Wagner Ort Graupa‘ als kulturelle und touristische Attraktion langfristig bezahlt machen wird. In seiner Begrüßung zur Eröffnung des Wagner-Museums schätze Klaus-Peter Hanke, Oberbürgermeister der Stadt Pirna die Zahl der Besucher für das laufende Jahr noch zaghaft „wir hoffen auf gut Zehntausend“. Der Zuspruch am Museums und den seitherigen Veranstaltungen im Musiksaal versprechen deutlich mehr. (Bäu)
Doch einer sei noch nicht ins neue Museum gekommen, verlautet aus Graupa, der Schirmherr selbst. Und so erlaubt sich der Autor Christian Thielemann anzubieten, ihn per Fahrad nach Graupa zu begleiten – sobald Sonnenstand und Wegezustand es erlauben.
Richard-Wagner-Stätten, Richard-Wagner-Straße 6, 01796 Pirna OT Graupa
Veranstaltungen www.wagnerstaetten.de
Museum täglich 10 – 16 Uhr, Dienstag geschlossen