Königsbrücker Straße - Trasse oder Boulevard ?
Wem gehört die Straße - Tauziehen und Machtspielen
odervon Posse zur Farce
Neustadt Zeitung 12/2010, Seite 2
Die unendliche Geschichte einer überaus notwendigen Reparatur der Königsbrücker Straße hält seit 1993 einen Stadtteil in Bann. Heerscharen von Planern der Stadt, der Verkehrsbetriebe, von Gutachterbüros und Berater-Profs bis aus Hannover herangeholt, sind fleißig dran. Stadtpolitiker ziehen alle Register von stadtteilverträglichausbauen-Hü bis Autoflott-Hot. Bürger petitieren gegen Stadteilzerschneidung, plakatieren, barikadieren, markieren vom Fälltod bedrohte Alleebäume mit Kreuz und Totenkopf. Radler-Konvois demonstrieren für Ihren Pfad wogegen Autos anhupen und deren Lobby Hintertürklinken poliert.
Bis am 9.2.2006 mit Stadtratsbeschluss nach langer Disskussion doch ein Kompromiss beschlossen worden war: Sanierung und Ausbau mit überbreiter Fahrbahn, streckenweise eigenes Gleisbett der Bahn, Radspuren und ordentlich breite Gehwege für die Cafés.
Das war planfestzustellender Beschluss, bis eine neue Oberbürgermeisterin Helma Orosz die Förderfähigkeit in Frage stellte. Dem widersprach der zuständige Minister einer damals noch schwarz-roten Koalition. Ein gleichfalls noch amtsjunger Baubürgermeister Jörn Marx reichte zur Planfeststellung ein - oh wie leichtfertig. Denn flugs zog die Oberbürgermeisterin zurück, argumentiert mit der Notwendigkeit einer „Verkehrsprognose 2025“, der Wind weht da schon schwarz-gelb. Doch eine solche Prognose wird vom Land nicht erstellt, wie der jetzige Minister anderer couleur sagt. Seine zuständige Abteilung hält aber an der 2025 Prognose für ihre Förderzusagen fest. Die stadteigene Vorschau reicht nur bis 2020 – die aber sagt einen Rückgang des Verkehrs um 20 bis 30 Prozent voraus. Da schauen wohl selbst die Spieler nicht mehr durch.
Den Knoten zu zerschlagen, hat die Opposition sich interfraktionell zusammengetan – einschließlich Bürger (siehe da) – im Stadtrat abzustimmen, den Kompromiss-Beschluss von 2006 nun unverzüglich umzusetzen. In letzter November-Ratssitzung wurde auch das wieder vertagt, denn Ministerflüsterer – wer tuschelt mit wem? - haben zugetragen, dass Sven Morlock einer Variante zugetan sein könnte, die vierspurig ohne extra-Gleisbett ist, bei der Autos auf den Gleisen fahren. Dies sei nach Minister mit Landesmitteln förderbar, nicht aber vom Bund, der den ÖPNV beschleunigen will. Wenn die Geschichte weiter nach Unendlichkeit strebt, lassen wir die Karnevalisten mal am Rathaustor fragen „ wolln mer Stugard 21 hier have?“
So irre kann Straßenreparatur sein ! Peter Bäumler