Hochwasser der Elbe 2002 und 2013
Wie sich die Bilder gleichen
Erst in Tausend Jahren sollte es so wieder kommen
Hochwasser 2002
"Es ist die größte Katastrophe, die Dresden seit der Bombennacht vom 13. Februar 1945 getroffen hat" sagte der damalige Oberbürgermeister Dresdens Ingolf Roßberg zum Hochwasser 2002. Jetzt, 2013 nach gerade mal elf Jahren, hatten wir es wieder- fast so hoch wie damals.Roßberg damals weiter "Mit dem Jahrhunderthochwasser 1845, Höchstpegel 8,77 Meter, flossen 5.600 Kubikmeter pro Sekunde die Elbe herab, jetzt 17. August 2002 Höchstpegel 9,40 Meter, sind es über 7.000. Damit haben wir ein Jahrtausendhochwasser".
Dem aufgeregt "Tausendjährigen" folgte dann sachlich die Einstufung als ein Hundertjähriges Hochwasser - das mit aller Wahrscheinlichkeit einmal innerhalb von hundert Jahren auftritt. Auf mathematisch-statistische Weise aus dem Wasserdurchfluss wurde HQ 100 - als hunderjähriges Hochwasser für den Pegel Dresden-Augustusbrücke mit 9,26 Meter festgelegt. Darauf sind auch die Ausbaumaßnahmen zum Hochwasserschutz in der Stadt Dresden angelegt.
Hochwasser 2013
Die Elbe sinkt wieder. Mit 8,76 Meter hatte das Hochwasser in Dresden am 6. Juni 2013 seinen Scheitel erreicht. Thomas Löser, Bündnis/Grüne „Verwaltung, Katastrophenschutz und Bürger waren besser vorbereitet als 2002. Die Informationen - auch aus Tschechien - kamen viel früher und verlässlicher und standen jedermann zur Verfügung. Wichtige Hochwasserschutzmaßnahmen, wo sie vollendet sind wie an der Weißeritz, in der Dresdner Altstadt und die mobile Anlage in Pieschen haben funktioniert." Über die neuen Medien, Facebook, Twitter wurden unzählige junge Leute mobilisiert die mit Engagement und Solidarität gegen die Fluten halfen. Das ist positiv.Das jüngste Hochwasser der Elbe ist nun das dritte über 8,5 m in den letzten 200 Jahren. Zwei dieser Hochwasser liegen innerhalb der letzten 11 Jahre. Muss etwa nicht ein neues HQ 10 festgelegt werden? "Hundertjährige" in so kurzer Zeit nacheinander lässt erschreckend vermuten, dass die Häufigkeit und Stärke der wiederholt die Stadt Dresden heimsuchenden Hochwasserereignisse zunimmt.
Dresden ist Schuld - titelte Tageszeitung
Nach wie vor wird in Dresden und in ganz Sachsen nicht nach dem besten Hochwasserschutz gesucht, sondern pauschal der Bau von Flutschutzmauern oder Deichen vorangetrieben. Jede damit verbundene Einengung des Flusses verursacht bei den Unterrainern eine Erhöhung des Pegels und bedarf deshalb eines adäquaten Ausgleichs in Form von ausreichend großen Überflutungsflächen - Ist die Betroffenheit elbabwärts der Altstadt von Meißen und der Stadt Riesa, stärker als 2002, etwa von dem schnelleren Durchfluss der Scheitelwelle durch Dresden verursacht?
Rückzug aus Überschwemmungsgebieten
Es ist vonnöten, den Hochwasserschutz kooperativ am gesamten Flusslauf zu betrachten und ausreichend Flächen für die Retention zu finden und zu renaturieren. Dabei darf die Finanzierung von Umsiedlungen kein Tabu mehr sein. Ist das im Dresdner Elbtal schon ausgeschöpft? Alle Bebauungspläne auf Dresdner Flur, die im festgesetzten Überschwemmungsgebiet liegen, müssen in Frage gestellt und zurückgezogen werden. Soll in der Dresdner Leipziger Vorstadt der Charme einer künftigen "Hafencity" als pure Wassercity untergehen? Sind doch bereits nach der Flut 2002 immer weiter eine große Anzahl neuer Bebauungspläne aufgestellt und sogar umgesetzt worden, die nun dazu führen, dass die Hochwasserschäden größer sind. Siedlungsbauten am Grünen Weg, Bauten Gartenstraße Obergohlis, alles nach 2002, Bebauungsplan Wohnbebauung am Pappelwäldchen Loschwitz: in Kraft seit März 2008!
Der Bau von Hochwasserschutzanlagen, Deichen, wird vorrangig verantwortet und betrieben von der Landestalsperrenverwaltung (LTV) - übermächtig nicht nur in Sachsen. Und genau die LTV hat die Planung der Hochwasserschutzmaßnahmen am Laubegaster-Ufer ausgesetzt. Wenn die Bauten rechtzeitig gekommen wären hätten sie den Stadtteil jetzt nicht im Elbewasser untergehen lassen. Anlaß der Aussetzung ist auch die Auseinandersetzung ob von Land oder von Komune um die Finanzierung mobiler Spundwände, anstelle einer überhohen Ufermauer welche das schöne Laubegaster-, aus einem Fischerdorf gewachsene, Ufer zerstört hätte.
Keine Kanalisierung von Fluss Stadt/Landschaften
Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) will mittels Bundesratsinitiative, für solche Fälle Individualrechte zugunsten von Gemeinschaftsrechten einschränken - ihm sogleich pflichteifrig nachlaufend Helma Orosz (CDU) die als Oberbürgermeisterin von Dresden das für Laubegast verlangt. Was dann an unseren Flussläufen geschieht, wenn städtbauliche, landschaftliche, historische Aspekte, das Bürgerrecht "mit dem Wasser leben" ausgehebelt werden zugunsten technischer Hochwasservermauerung, ist auszudenken.
BUND, die Naturschutzvereinigung, hat ausgerechnet, dass von den 35.000 Hektar Rückhalteflächen, Polder durch Deichverlegungen, auf die man sich nach der Jahrhundertflut schon 2003 geeinigt hatte, lediglich 2 Prozent umgesetzt worden sind. Auf die Duchrsetzung dieser nachhaltigen Hochwasserschutzmaßnahmen sollte Tillich, sollten die Ministerpräsidenten betroffener Länder ihre Initiativen richten. (14. Juni 2013 Bäu)
GEBT DEN FLÜSSEN NACHHALTIG MEHR RAUM
- NICHT MAUERN SONDERN AUEN -
Überschwemmungsgebiete im Vergleich 2013 gegenüber 2002. Karte des Umweltamtes Dresden mit Spitzenpegel der Elbe und Fließgewässer
________________________________________________________________
Nachgetragen wieviel dramatischer das Unheil 2002 in Dresden ablief
Jahrtausendhochwasser - Chronik der schlimmen Tage
Nach dem Jahrtausendhochwasser - Dresden Montag der 26. August„Es war die größte Katastrophe, die Dresden seit der Bombennacht vom 13. Februar 1945 getroffen hat" so wiederum unser Oberbürgermeister Ingolf Roßberg in seinem Lagebericht der ersten Ratssitzung nach dem Wassersturm. Es waren vier Ursachen und Phasen, die zusammen die Katastrophe auslösten, Beginn der Katastrophe am 12. August. Sintflutartige Regenfälle (1) bis 300 Liter pro Quadratmeter, eine Hochwasserwoge des Elbezuflusses Weißeritz (2) verstärkt durch überlaufende Talsperren, Elbehochwasser (3) durch deren Zuflüsse und aus Tschechien zufließend, immens ansteigendes Grundwasser (3) das flutete wo Oberflächenwasser der Elbe nicht hinkam. Die Folgen können heute, eine Woche nach dem Erreichen des Pegelhöchststandes von 9,40 Meter nur teilweise abgeschätzt werden; in Dresden alleine wird es mehr als 350 Millionen erfordern, die Schäden an öffentlichen Einrichtungen zu beseitigen noch nicht schätzbar sind die Verluste von etwa 7 000 geschädigten Unternehmen und zig-Tausender Privater. 50 Quadratkilometer Stadtfläche wurden überflutet.
Einschätzbar heute aber ist die ungeheure Woge aus Hilfsbereitschaft, Einsatz und Solidarität die einsetzte um die Katastrophe zu meistern und nun beginnend die Zerstörungen zu beseitigen: 5 400 Einsatzkräfte von Feuer- und Bundeswehr, vom Technischen Hilfswerk, dem Roten Kreuz und anderen. Dazu geschätzt mindestens 25 000 freiwillige Helfer. 5 Millionen Sandsäcke wurden gefüllt, geschleppt und zu 130 größeren Dämmen aufgeschichtet; unzählbar die Barrieren allerorts zum Schutz der Häuser. Etwa 35 000 Bürger mussten evakuiert werden, davon 2 400 Krankenhauspatienten und 1 400 Alten- und Pflegeheimbewohner
Chronik der schlimmsten Tage - aktuell am Freitag 16. August
Gestern, Donnerstagabend hat der Wasserpegel der Elbe in Dresden noch schlappe 8 Meter betragen, heute Freitag 16. August, um 18 Uhr sind es 9,23 Meter. Das nach Aufzeichnungen historisch bisher verheerendste Hochwasser im Jahr 1845 war „nur" 8,77 Meter hoch. Das goldene Brückenkreuz der Augustusbrücke brach damals ab und stürzte in den reißenden Strom, aufgefunden wurde es nie, vielleicht spülen die heutigen Wogen es hoch?
Originalton des Dresdner Oberbürgermeisters Ingolf Roßberg: „Mit dem Jahrhunderthochwasser 1845 flössen 5.600 Kubikmeter pro Sekunde die Elbe herab, jetzt sind es über 7.000. Damit haben wir ein Jahrtausendhochwasser. Der Absolute Notstand musste von mir ausgerufen werden!" Und die Lage spitzt sich noch zu, denn der Scheitel der Hochwasserwelle wird Samstag etwa um 9 Uhr in der Früh erwartet mit einem Wasserpegel bis 9,60 Meter. Der Dresdner Zwinger und die Semperoper sind bis zum Erdgeschoss, große Teile der Altsstadt und viele elbnahe Stadtteile sind weit überflutet. Aus dem Untergeschoss der vor einem Jahr geweihten Synagoge auf dem Hasenberg (!) wird Elbwasser gepumpt. Und der Rohbau des Kongresszentrums an der Elbe schwimmt - hoffentlich nicht hoch. Der große Stadtteil Friedrichstadt, schon am Dienstag von einer wütenden Welle des Elbezuflusses Weißeritz - einer Ihrer Arme „Wilde" genannt - unter Wasser gesetzt, wird jetzt zum zweiten mal überflutet, nun von der Elbe her. Seit Tagen ist dort ein gespenstisch menschenleeres, nachts dunkles, nur amphibisch erreichbares Stadtareal. Den Dresdener Hauptbahnhof und seine Umgebung hatten die Wildwasserwogen auch schon am Dienstag erreicht und bis 1 Meter Höhe geflutet. Die Weißeritz hatte sich für einen Tag Ihr früheres Mündungsgebiet zur Elbe zurückerobert, das ihr im 19. Jahrhundert genommen worden war. Und nun fließt auch die Elbe in ihren Altarmen, die weiten früheren Elbauen springen an. Mit deren bereits historischen Trockenlegung zeigt sich im Ansatz, wo schon frühe menschengemachte Ursachen für die heutigen Katastrophen zu suchen sind.
Die dramatische Lage zwang den Krisenstab, Zwangsevakuierung ganzer Stadtteile Dresdens anzuordnen. Bis zu 30.000 Menschen müssen in Notquartieren vielleicht Zeltstädten, in Schulen, bei Privaten beherbergt werden. 2.300 Kranke aus den Spitälern wurden ausgelagert und über Tausende Pflegebedürftige in sichere Heime gebracht. Etliche Geburten gab es in der Zeit der Transporte und leider auch den Tod, 2 alte Männer starben auf dem Weg.
Die Hilfen aus Dresden und von überall her sind großartig junge Leute stehen Schlange zum Abfüllen von Sand in Säcke. Bundeswehr mit Spezial- und Großgerät, die Konvois des Technischen Hilfswerks, Notdienste, Samariter rollen in Kolonnen von weit her an - gesehen von nördlichsten bis südlichsten Landkreisen der Republik wie aus dem bayrischen Fürstenfeldbruck herauf Über 42 Tausend Helfer aus dem gesamten Bundesgebiet sind in Sachsen im Einsatz.
Blaulicht, Sirenengeheul und Dröhnen tieffliegender Hubschrauber wurde vom Alarmsignal zum ständigen Stimmungshintergrund der Katastrophensituation. Doch für Dresden zeigt sich ein erster Lichtblick, am Sonnabend nach dem Durchgang des Wasserscheitels, wird der Wasserstand fallen. Und die Sonne beginnt zu scheinen. Doch das Elbe-Meer wird sich Tage erstrecken bis der Ablauf merklich wird.
Freitag 16.8.2002, 17:30
Die aktuelle Lage konkret am Sonnabend 17. August
Der Elbestrom hat seinen Höchststand erreicht, der Pegel von 9,39 m ist seit 5 Uhr stabil - absolutes Elbe-Höchstwasser in Dresden seit Beginn der Aufzeichnungen. Aus der Semperoper und dem Zwinger wird wieder mit großkalibrigen Rohren gepumpt. Ungewöhnliche Stille herrscht in der überschwemmten Stadt, gespenstisch fast.
Der zum Dresdner Stadtteil Neustadt führende Tunnel ist bis über Oberkante überschwemmt. Es bilden sich nun auch in der Neustadt erste Pfützen; eine Senke der Glacisstraße füllt sich mit Wasser aus dem Grund. Aus vielen Kellern wird gepumpt.
Sonnabend 18.8.2002, 9:30
Die aktuelle Lage konkret am Montag 19. August
Der Wasserstand der Elbe sinkt, heute 8 Uhr Pegelstand 7,52 m. Die Schäden treten zu Tage. Die Sonne scheint weiter.
Montag 19.8.2002, 9:30
Donnerstag 22. August
Der Katastrophenalarm im Dresdner Stadtgebiet wird aufgehoben. Der Elb-Pegelstand ist noch 4,2 Meter. Verschlamme Wege und Wiesen, Strauch und Baum tauchen auf. Überall wird geräumt, Schrott häuft sich zu Bergen. Die Sonne scheint heftig und dörrt die Schlämme zu Staub.
Montag 26. August
Die Elbe ist hier nun ein fast ganz zahmer Fluss, Ihr Pegel steht auf 3,6 Meter. Die Weiße Flotte könnte wieder elbauf- elbabwärts dampfen (sie kann das bis Pegel 4,70) - wenn die Zerstörungen nicht wären.
Dr. Peter Bäumler Montag 26.8.2002, 9:30