Tom Pauls Theater Pirna
Gotisches Baumeisterhaus in Pirna restauriert
Das über 500 Jahre alte Haus des Kirchen-Baumeisters Peter Ulrich mit markantem gotischem Sitznischen-Portal am Markt in Pirna, dem Tor zur Sächsischen Schweiz, ist restrauriert. Unter historischem Gebälk betreibt darin der Kabarettist Tom Pauls ein eigenes Theater, das am 11.11.11 seine Eröffnungsvorstellung hatte. mehrSächsische Immobilienzeitung 5/2011, Seite 1 und 3
Peter Ulrich-Haus beherbergt jetzt ein Theater
Hat die große Kreisstadt Pirna schon ohnehin viel romantische Ecken, so ist eine weitere als frisch restauriertes Eckhaus am Markt hinzugekommen.1502 wurde der schwäbische Steinmetz und Baumeister Peter Ulrich (etwa 1440-1514) von Dresden, wo er bereits kurfürstliche Aufträge erfüllte, als Kirchenbaumeister für den Neubau von St. Marien nach Pirna berufen. Drei Jahre später schon erwarb er für 100 meißnische Gulden ein baufällig altes Haus und errichtete sich daraus ein sehr komfortables Wohnhaus, heute ‚Am Markt 3‘. Historisch gesichert ist, dass in Pirna mit diesem Gebäude des auch ‚Peter von Pirna‘ Genannten, ein unikates Werkmeisterhaus der Gotik und das älteste Baumeisterhaus Deutschlands steht. Im Lauf seiner Geschichte bestand es neun grundhafte Umbauten. Zuletzt in DDR Zeit hatte das Altstadtgebäude elf Wohnadressen, im Erdgeschoß die älteste Apotheke Pirnas und Lädchen. 500 Jahre nach seiner Erbauung war der Zustand ruinös und nach mehreren Rettungsversuchen nur durch Notmaßnahmen vor völligem Verfall bewahrt.
2008 dann erwarb der Dresdner Kabarettist und Schauspieler Tom Pauls mit seiner Ilse-Bähnert-Stiftung von der städtischen Wohnbaugesellschaft WEG das Gebäude um, mit den Worten seines Architekten Uwe Seidel „das historische Haus einer sinnvollen Nutzung zuzuführen durch Sanierung und Ausbau mit behutsamen, nicht sichtbaren Eingriffen in die Tragkonstruktion und dezenten in innere Gestalt und Substanz.“
Nach 23 Monaten des Bauens eröffnete der Prinzipal das von der ‚Baumeister Theater gGmbH‘ getragene Tom-Pauls-Theater, passend einem Humoristen genau am 11.11. 2011. Der Theatersaal im 2. Obergeschoss fasst 160 Zuschauer vor einer Bühne. Ihn schmückt die historische Bohlen-Balkendecke aus Erstbauzeit, welche 11 Meter frei von Außenwand zu Außenwand überspannt. Das 500 Jahre alte Holz musste lediglich bei wenigen der Balken am Kopfende angeschuht und einigen mit Schichtholz-Auflagen verstärkt werden. Fünf der Tragebalken wurden geschlitzt und mit Carbonfaser-Platten für die Statik Anforderungen aufgebessert. Denn der früher offene Dachboden ist zu einem Dachgeschoß mit Büros und einer Künstlerwohnung ausgebaut. Der Zufall brachte eine weitere wertvolle Decke ans Licht. In der Eckstube des Erdgeschosses fand sich unter Jahrhunderte-Schichten eine 400 Jahre alte Holzbalkendecke mit farbiger Fassung. Sorgfältig freigelegt und restauriert, wobei nur auf kleiner Fläche Ergänzung notwendig war, zieren nun Flair der Frührenaissance die dort eingerichtete ‚Ilses Kaffeestube‘. Auch die persönlichen Baumeister-Zimmer im Obergeschoss mit originaler Holzdecke werden bestmöglich wieder in ihren Ursprungszustand des 16. Jahrhunderts rückrestauriert. Sie sollen später ein kleines Museum der Lebensgeschichte Peter Ulrichs aufnehmen.
Der helle Lichthof des Hauses wurde von Galerien und allen Einbauten beräumt. Eine modern stählerne Treppenanlage und ein sichtgebender Aufzug im Hof erfüllen Erschließungsauflagen. Die Haustechnikanlagen sind ins Dachgeschoss gehoben, da die Kellergewölbe in Flutungshöhe der Pirnaer Hochwasser liegen. Die Fassade des Peter Ulrich Hauses – der neue Eigentümer hat sich verpflichtet diesen Namen zu belassen – ist markant gekennzeichnet von einem spätgotischen Sitznischenportal in der seltenen Kielbogenform und fünffacher Rippung.
Sanierung, Restaurierung des ältestem Hauses am Pirnaer Markt und sein Ausbau zu einem kleinen, feinen „Kulturzentrum für die Sächsische Seele“, das Tom Pauls vorschwebt, hat ihn 3,4 Millionen Euro gekostet. 2,8 Millionen davon sind aus Städtebaufördermitteln zugeschossen. Umstritten war in Pirna diese hohe Förderquote für ein privates Bauvorhaben. Auch dass damit ein Theatersaal gefördert werde, obwohl die Stadt in unmittelbarer Nähe eine Kleinkunstbühne gleicher Zuschauerkapazität habe und subventioniere. Kuratorium Altstadt Pirna e.V. und Denkmalschutz hatten um Erhaltung auch im Inneren im Ursprungszustand und für eine museale Nutzung des Baumeisterhauses gekämpft. Sie sehen die einmalige Situation, das Schaffen eines gotischen Baumeisters mit seinem berühmten Sakralbau und seinem Profanbau unmittelbar nebeneinander präsentieren zu können. Politisch hat sich der Stadtrat Pirnas mit deutlicher Mehrheit für das Projekt Tom Pauls entschieden.
Der überwältigende Zuspruch des Publikums Theaterabenden, die bis Sommer 2012 bereits ausverkauft sind, ein Strom von Besuchern, die ihr ‚Schälchen Heßer‘ in ‚Ilses Kaffeestube‘ genießen und der frequentierte Theaterladen daneben sprechen dafür. (11.11.2011 Bäu)
www.tom-pauls-theater.de