Schloss Rochlitz - Doppeltürme im Muldental

STARKE FRAUEN auf Schloss Rochlitz

Rochlitz1Seit dem 1. Mai 2014 ist auf den Museumsetagen von Schloss Rochlitz »Eine STARKE FRAUEN Geschichte - 500 Jahre Reformation« zu sehen. "Starke Frauen" ist die erste Sonderausstellung im zweiten Jahr nach Abschluss der einstweilen letzten Baumaßnahmen an der imposanten Burg- und Schlossanlage am Westufer der Zwickkauer Mulde.

Veröffentlicht in Sächsische Immobilienzeitung 2.2014, Seite 8
Dresdner Neueste Nachrichten 1.9.2014, Seite 16

Tausend Jahre Geschichte von Burg und Schloss - 500 Jahre Reformation

      Eröffnet wurde die Sonderausstellung von der Sächsischen Staatsministerin für Kunst und Wissenschaft Sabine von Schorlemer und von Margot Käßmann, Botschafterin für das Reforamtionsjahr 2017. Das Thema passt, denn mit Elisabeth von Rochlitz lebte und wirkte zwischen 1537 und 1547 eine der einflußreichsten Frauen der Reformationszeit und Verfechterin dieser Glaubensrichtung auf Schloss Rochlitz. Ausgehend vom Wirken dieser starken Frau richtet die Ausstellung den Fokus auf das Generalthema "Frauen und Weiblichkeit in der Reformation". Anhand von rund 300 Exponaten sind weibliche Lebenswege und Lebenswelten aus dem 16. Jahrhundert im zeitoriginalen Milieu erlebbar. Gezeigt wird u. a. die Geheimkorrespondenz der 'Reformationsfürstin' Herzogin Elisabeth von Rochlitz.

Doppeltürme über der Mulde

      Kathedralengleich erheben sich zwei mächtige Türme auf dem Zuweg zu einem hohen Felssporn in einem weiten Bogens des mittleren Flussverlaufs der Zwickauer Mulde. Doch signalisieren sie, fast 10 x 10 Meter im Quadrat und 73 Meter über dem Wasserspiegel der Mulde hoch, weithin nicht kirchliche sondern weltliche Macht. Durchaus schlimmer Profanität, denn die Mauern dienten überwiegend als Verließ. Durch das „Angstloch“ der untersten Gewölbetonne am Seil in zehn Meter Tiefe herabgelassen, waren die Delinquenten bei Wasser und Brei sich selbst überlassen – oft bis zum Ende. „Jupe“ werden die Türme genannt abgeleitet aus Joppe – feste Jacke, die den Gefangenen ihre Freiheit nahm. „Finstere Jupe“ der nördliche, „Lichte“ der andere Turm, der mit schönen Kreuzstockfenstern eines Geschosses über die Jahrhunderte für Wohnzwecke diente, Wächter- und Soldatenquartier war, auch aber Gefängniszellen hatte.

Von Wehranlage zum Schloss

     Eine erste schriftliche Bekundung der Burg Rochlitz als „urbs Rocholenzi“ findet sich im Jahr 1009. Im Jahrhundert davor kam, mit einem Feldzug 929 gegen westslawische Stämme, das Gebiet zwischen Elbe und Saale unter die Herrschaft von Heinrich I. aus dem Ottonen-Geschlecht, König des Sachsen- und Ostfrankenreichs. Zur Sicherung der Ostgrenzen, der Christianisierung und weiteren Vordringens nach Osten wurden die eroberten Gebiete bis Mitte des 10. Jahrhunderts mit einem Netz von ‚Burgwarden‘ überzogen. Wir finden sie in der reichen Burgen- und Schlösserlandschaft von Zeitz über die Albrechtsburg bis Bautzen. Burg Rochlitz, war über die gesamte Mittelalterliche Zeit, bis auf zeitweisen Übergang in den Besitz des Geschlechts der Ekkehardiner, eine bedeutende unmittelbare Reichsburg, für die mindestens zwei Königs- und Kaiseraufenthalte belegt sind. Im Jahr 1143 geriet die Burg, Siedlung und das Land Rochlitz – provincia Rocheletz - durch Schenkung König Konrads III. an die Wettiner. In deren Eigentum blieb es durchgehend bis 1918.

      Die archäologisch Befunde weisen zurück auf eine bereits im 9. Jahrhundert anzunehmende westslawische, durch Erde-Holzpalisaden-Wälle geschützte, Wehranlage über der die mittelalterliche deutsche Burg angelegt worden ist. Aus dieser Zeit stammen bis heute erhaltene romanische Gebäudeteile wie zwei Wohntürme und der Palas im Südflügel. Die Blütezeit im ausgehenden 14. Jahrhundert des Besitzes Rochlitz brachte die größte Zäsur in der Bauentwicklung und Dimension der Anlage. Markgraf Wilhelm I. der Einäugige, in Gemeinschaft mit seinen Brüdern, ließ ab 1375 bis 1390 aus der Burg mit dem Vorgelände eine anspruchsvolle gotische Schlossanlage errichten. Das Fürstenhaus, der Umbau des Querhauses mit der Kapelle und des Südflügels sowie die Errichtung der beiden ‚Jupen‘ mit ihren schiefergedeckten Spitzhuthauben gehörten dazu. Erstmals „sloß“ genannt, bestimmen diese Bauten im Wesentlichen das heutige Bild. Vom westlichen bis zum östlichen Tor erstreckt sich das Schloss auf einer Fläche von etwa 90 mal 40 Meter, die gesamte Anlage mit Unterschloss und östlicher Vorburg einschließlich der St.-Petri-Kirche auf einer Länge von 220 Meter. Nach dem Ausbau der Burg zum markgräflichen Schloss folgten später Um- und Neubauten im 15. und im 16. und weitere getrennter Wohnappartements für Kurfürst und Fürstin im Renaissancestil inmitten des spätgotischen Riesensaals im zweiten Obergeschoss des Fürstenhauses. Mit höchstem Komfort der damaligen Zeit ausgestattet und separaten Küchen für Christian I. und Gemahlin Sophie. An anderer Stelle, im Eckbereich zwischen Fürsten- und Querhaus, zeigt sich diese Qualität mit einer ingeniösen ‚Steinofenluftheizung‘ die Wärme über Heißluftkanäle und ofenartige Wärmetauscher in die Räume brachte. In drei großzügigen Wohnraumen konzentrieren sich die für sächsische Spätgotik charakteristischen Architekturdetails: Vorhangbogenfenster, steinerne Fensterbänke, Schwibbögen und Zellengewölbe. Die Ausführung wird dem wettinischen Landesbaumeister Arnold von Westfalen zugeordnet, der später die Albrechtsburg baute.

Uber Jahrhunderte Verwaltungssitz

      Seit im Besitz der Wettiner wurden Burg und Schloss Rochlitz achtmal als Nebenresidenz von den jeweils herrschenden Zweigen bewohnt. Für mehrere Fürstenwitwen war es Residenz und Altersitz. In barocker Zeit reüssierte es den Vorlieben folgend zum Jagdschloss.
Durchgehend, von Beginn als Burgward, zieht sich über die Geschichte, dass Burg und Schloss immer Sitz der Verwaltung war für die unter jeweiliger Herrschaft zugehörigen Güter und Lehen, Dörfer und Städte mit Gerichtsbarkeit und Steuerbefugnis, später Amtsgericht mit Haftanstalt, zuletzt Behördensitz der Stadt Rochlitz. Bis 1990 als letzte Behörde das Kreisgericht den 1000-jährigen Verwaltungssitz Schloss Rochlitz verließ.

Museums-Schloss

      Der Freistaat übernahm Rochlitz in seinen Schlösserbesitz und entschied für Erhaltung und Ausbau zu einem Museum. Wobei nicht allein Funde und Sammlungen sondern Burg und Schlossanlage selbst mit seiner vielfältigen Bau- und Nutzergeschichte über 1000 Jahre das Kernstück der Ausstellung sind. 1993 begannen erste Sicherungen, Erforschung des Bauzustandes und im buchstäblichen Sinn tiefschürfende archäologische Untersuchungen. Schlossleiter Peter Knierriem spricht davon, dass bei dem über 20 Jahre währenden Sanieren, Restaurieren, Rekonstruieren seiner "alten Dame“, wie er ehrfurchtsvoll Schloss Rochlitz nennt, die Hauptaufgabe statische Ertüchtigung war. Der Felsengrund aus relativ weichem, sich spreizenden Fruchtschiefer musste mit Bohrpfählen, Ankern, Verpressungen stabilisiert werden. Teils hanebüchene Statikfehler aus der Erbauungszeit oder späterer Umbauten mussten mit heutigen Mitteln ausgeglichen werden. So waren schwere Tragmauern und Stützpfeiler der für damalige Zeit riesigen oberen Säle schwebend auf hölzerne Unterzüge gesetzt. Für Ausbesserungen wurden spezieller Epoxydharz-Mörtel und -Steinersatz auf Porphyrbasis entwickelt. Besonders ist auch ein neues Klimatisierungssystem, welches die Raumtemperaturen so regelt, dass lediglich die gefährliche Taupunkt-Unterschreitung vermieden wird, das Schloss im Winter also ein ‚Kaltbau‘ ist. Unter Wahrung des Prinzips „Erhalt vor Rekonstruktion“ in der etwa 20-igjährigen Bauzeit wurden dafür rund 16 Millionen Euro ausgegeben. Finanziert und gesteuert von den Baubehörden des Freistaates, die inzwischen als Sächsisches Immobilien- und Baumanagement SIB firmieren, in Zuständigkeit des Chemnitzer SIB.

Sonderausstellung

      Schloss Rochlitz präsentiert sich in seinem zum Schönsten erneuerten Außen- und Innengewand mit einer kleinen Dauerausstellung und dem Rundgang durch das ganze Schloss selbst. Im ersten Jahr nach Fertigstellung wirbt es zum Besuch mit einer Sonderausstellung in der auch Erinnerungsstücke und Briefe der ‚Reformationsfürstin‘ Elisabeth Herzogin von Rochlitz, ausgestellt sind. Die Ausstellung wurde von der Sächsischen Kultusministerin Sabine von Schorlemer und Margot Käßmann, Botschafterin der Evangelischen Kirche für das Reformationsjubiläum 2017, am 1. Maifeiertag 2014 eröffnet.

»Starke Frauen – 500 Jahre Reformation« 1. Mai bis 31. Oktober 2014, 10 bis 18 Uhr, Schloss Rochlitz, Sörnitzer Weg 1, 09306 Rochlitz, www.schloss-rochlitz.de

Empfehlenswerte Literatur „Schloss Rochlitz – Restaurierung und Denkmalpflege“ Sax-Verlag Markkleeberg 2013, 20 Euro

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