Schloss Beucha im Leipziger Land
Private Denkmal-Eigentümer in Sachsen
Schlösser – Burg, Herrenhaus, Schloss – haben ihre Faszination nicht verloren. Und gerade mit dem langsamen Verfall von vielen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, in Mitteldeutschland, ist ihr Geheimnis noch augenfälliger geworden. Das zieht auch Private an solche ‚Denkmale' zu erwerben aus vielerart Motivation, sie zu sanieren, auszubauen, Nutzung auf die Beine stellen – und das durchzuhalten.Sächsische Immobilienzeitung 1/2013, Seite 8
Einem Paar dieser ‚Schlossmenschen' widmet sich das Nachfolgende.
1000 Sack Zement
Das erste Telefonat endete abrupt, Jana Klinger-Brandes wurde am Mischer gebraucht "hier gibt's immer was zu mörteln." Bis heute. Mit Ehemann Wulf Gunter Brandes, gebürtiger Leipziger, hatten die Stadtbewohner eine Heimstätte auf dem Land gesucht für ihre wachsende Familie. Nicht unweit, östlich von Leipzig am idyllischen Altarm der Eula, fanden sie das Herrenhaus eines vormaligen Rittergutes. Der nur symbolische Kaufpreis war attraktiv, die Nebenbedingung eines fixierten Investitionsvolumens schien weich und über Jahre erfüllbar – wurde später von der Dorfgemeinde aber penibelst überprüft und hart einverlangt. Unterschätzt hatten die Neubesitzer auch das Haus von Vorbewohnern zu ‚entmieten', was sechs Jahre dauerte und die Arbeiten behinderte. Als sie 1997 erstmals vor dem Schloss gestanden hatten sagten die Gefühle "so romantisch, so toll, das ist es". Der Kopf wusste bald, dass die Halbruine mit Park, die sie erworben haben, allein am Zement gemessen, viele, viele Säcke zur Sanierung benötigen würde. Heute seien wohl schon tausend durch den Mischer gerührt, 240 Tonnen Schutt geräumt und das Bauen an ihrem ‚Denkmal' mit "eigener Kraft und Händen" ist zur Lebensaufgabe geworden. Das machte die Schloss-Bauherren zu ihren eignen Handwerkern, Restauratoren, Statiker, Architekt und Landschaftsgärtner in einem. Und zu Experten was den Umgang mit Verwaltung und Behörden betrifft, denn auch das kostet immens Zeit und Kraft. Diese Selbsttätigkeit ermöglich ihnen, die beide kreative Künstler sind, Wulf Gunter Maler, Jana Malerin, Grafikerin und Webdesign, aber auch ihrem Anspruch zu folgen behutsam zu restaurieren, Altes einzubauen selbst wenn von woanders hergeholt, mit naturbelassenem Material und baubiologisch zu werken. Das brauche "fünf Mal so viel Zeit als vorgestellt" musste Jana Brandes erfahren. Doch so ließe sich der Charme eines Denkmals höchstmöglicher Authentizität wiedergewinnen, sieht es der Kunstmensch Brandes. Es gäbe leider auch solcherart Häuser, die schön, aber totsaniert sind.
Bichow - Beucha
Zurück in die Geschichte. Eine erste namentliche Nennung der slawischen Siedlung gab es 1180 als Dorf Bichow. Dokumentiert ist der Kauf eines Gutes durch Friedrich von Kötteritz, dessen Wappen über der Tür des seitlichen Verwalterhauses mit einem Renaissance-Sitznischenportal aus Rochlitzer Porphyr auf 1654 datiert ist. Ab 1792 ist die Familie von Niebecker, mit ihnen die Erb-. Gerichts und Lehnsherrschaft in Beucha. Heinrich von Niebecker, Großherzoglich-Weimarischer Landkammerrat, lässt 1810 das Schloss, wie es heute im Wesentlichen erscheint, auf alten Mauern im klassizistischen Stil neu aufbauen und den englischen Landschaftspark anlegen. 1919 kauft der Unternehmer Arno Steiger von Vorbesitzenden von und zu Egloffstein das Schloss und beauftragt den renommierten Leipziger Architekt Franz E. Hansel mit äußerer Erweiterung und innerem Ausbau wie es sich heute darstellt.
Privates Engagement
Mitte der 1990iger Jahre wurde die Zahl existierender Rittergüter, Herrenhäuser, Schlösser, Burgen in Sachsen grob auf 1600 geschätzt. Jetzt seien noch es 1000, 200 davon in erbarmungswürdigem Zustand und aufgegeben, schätzt Brandes. Aber es gibt ein großes privates Engagement zur Rettung und Erhaltung solcher Kulturdenkmale. Dieses zu bündeln fand sich auf Initiative der Brandes in 2008 auf Nöthnitz, bekannt geworden als Winkelmann-Gedenkstätte - Viktor von Finck besaß das Schloss und lebte noch (SIZ berichtete) – eine Gruppe privater Schlossbesitzer mit dem Gedanken, Brücken zu schlagen und diese Kultur, die auch Faktor touristischer und wirtschaftlicher Entwicklung im ländlichen Raum ist, durch gemeinsames Handeln zu retten, zu beleben und zu vermitteln. Heute ist der bald danach gegründete Verein privater Denkmalbesitzer in Sachsen e.V. das Rückgrat eines Netzwerkes von mehr als 45 ‚Schloss'-Besitzern. Sie tauschen sich im Praktisch-Bautechnischen aus, beraten über die Wege durch Behördendschungel für Genehmigung und Zulassung mit mancher Irrationalität der Brandschutz- und Gastronomieauflagen, bei der Akquise von Fördermitteln. Deren Erhalt vor allem gebremst ist durch die gesetzlich geforderte Kofinanzierung mit eigenem Geld – das man meist nicht ausreichend hat. In politischer Lobby war der Vereinsvorsitzende Brandes erfolgreich bei der sächsischen Staatskanzlei, die das Konzept des Vereins für die Landesentwicklung als wichtig befindet. Sie gab zum Grundmarketing eine Förderung, mit der das Buch ‚Schlossmenschen' herausgegeben werden konnte. Die Schultern der Denkmalschützer, Sächsisches Landesamt für Denkmalschütz, aber blieben kalt, Denkmalförderung gibt es kaum.
Schloss Beucha, Gutshof 1, 04651 Beucha
24. bis 27. Juli 2013, Shakespeare-Festival, mit Kinder- und Jugend Workshop, Aufführung "Ein Sommernachtstraum" in Park und Haus, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Verein privater Denkmaleigentümer in Sachsen e.V.
"Schlossmenschen – Zu Besuch in 20 Privatschlössern Mitteldeutschlands" Leipziger Medien Service Verlag 2011, 128 Seiten, 19,95 Euro