Laube für den Musenkuss

Eugen d' Albert zum 150. Geburtstag

Albert2Sie sind Ehrenbürger der Stadt Coswig, der Komponist und Pianist Eugen d' Albert (1846-1932) und die Pianistin Teresa Carreño (1853-1917). Ende des 19. Jahrhunderts lebte das Paar in ihrer Villa in Coswig-Kötiz. Nachdem 2013 der 160. Geburtstag der Carreño und am 10. April 2014 der 150. Geburtstag d' Alberts gefeierte wurde, ist die Eröffnung einer neuen Dauerausstellung über beide Künstler ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltungen im Kulturhaus des Bel-Epoche Kleinods Villa Teresa.

Musik in Dresden, 4.7.2014, Feature
Dresdner Neueste Nachrichten 18. 9.2014, Seite 14

Eugen d' Albert zum 150. Geburtstag

      Einen eigenen Kompositionspavillion musste er sich schaffen, im ruhigsten Eck des kleinen Parks um seine Villa, die er in Kötitz bei Coswig 1891 erworben hatte, denn es dürfte oft störend laut zugegangen sein. Zwei Neugeborene in seiner 2. Ehe mit einer heißblütigen Lateinamerikanerin, die selbst in ihre damit 3. Ehe schon zwei Töchter mitgebracht hatte. Teresa Carreño die strahlende, feurig-temperamentvolle Venezolanerin aus Caracas, war eine weltgereiste und international gefeierte große Pianistin, Komponistin und Künstlerin die auch dirigierte und sang – mit dem Ruf als Solistin die „Walküre des Klaviers“ zu sein. Anstelle von Küssen schallten bald auch Kräche des ungleichen Paares - er elf Jahre jünger als sie, von anderem Temperament, einen Kopf kleiner – durch die Räume und von der Terrasse des Landhauses, das den Namen ‚Villa Teresa‘ nach der Hausherrin bekam. Was als „glühende Liebesaffäre“ nur vier Jahre zuvor begonnen hatte beendete 1895 d’ Alberts Scheidungsantrag. Für die Carreño blieb d' Albert die Liebe des Lebens.

Albert4      Der Pianist und Komponist, der sich zu seiner Dresdner Zeit vor allem mit dem Schreiben von Opern befasste, hatte seinen Wohnsitz Coswig strategisch gewählt, um in die Nähe des in Radebeul ansässigen Generalmusikdirektors der Dresdner Hofoper Ernst von Schuch zu kommen, der gerne ‚Novitäten‘ förderte. Antichambrieren half, und Schuch brachte d’ Alberts neue »Ghismonda« bald schon 1895 zur Uraufführung. Sie erzielte beachtliche Publikumsresonanz. Generalintendant Graf von Seelbach berichtete am königlichen Hof und sie gefiel auch der Hohen Herrschaft. Solchen Erfolg hatte auch »Die Toten Augen«‚ uraufgeführt 1916, was der dritten 1932 bereits posthumen Uraufführung des Opernwerks »Mister Wu« nicht mehr gelang. Neben der Erstaufführung 1907 in Dresden seines Welterfolgs »Tiefland« – uraufgeführt 1903 in Prag – erlebte d‘ Albert noch fünf weitere Erstaufführungen seines beachtlichen Schaffens von 21 Werken der Gattung Oper am ‚Königlich Sächsischen Hoftheater Dresden‘:

»Kain« und »Die Abreise« 1900, »Flauto Solo« 1906, »Liebesketten« 1913 und »Revolutionshochzeit« 1920.
(Daten dankenswert vom Archiv der Semperoper)

Danach brach d‘ Alberts Erfolg ab, nachhaltig blieben seine Opern nicht auf den Spielplänen der Opernhäuser. Bis eben auf das effektvoll komponierte, spannende Bauerndrama »Tiefland«, dessen Popularität durch Leni Riefenstahls Verfilmung als Produzentin und Hauptdarstellerin, fertiggestellt 1944, noch einen Schub erhielt.

     Der am 10. April vor 150 Jahren in Glasgow geborene Eugène Francis Charles d‘ Albert wurde früh an Musik herangeführt. Von der Mutter ans Klavierspiel. Der Vater, Tanzkomponist und –Dirigent, wurde als ‚britischer Johann Strauß‘ bekannt. Schon mit 10 Jahren wurde d‘Albert mit einem Musikpreis ausgezeichnet, der ihm ein Stipendium für das Studium an der Neuen Musikschule in London einbrachte. Das hinterlassene kompositorische Gesamtwerk d‘ Alberts, umfasst eine Vielzahl kammermusikalischer Instrumentalkompositionen und Lieder, zwei Klavierkonzerte und eine Sinfonie – die Opernwerke dazu. Kompositionen d‘ Alberts sind selten zu hören, von den Opern nur noch »Tiefland«. Sie war als "unbescholtenes" Werk, die erste Oper die nach dem Krieg 1946 im unzerstörten Festspielhaus Richard Wagners in Bayreuth aufgeführt werden konnte - durfte.

     Berühmt geworden ist d‘ Albert als Pianist, seinen Ruhm als Komponist übersteigend. Mit 15 Jahren durfte er Anton Rubinstein vorspielen. Mit 18 bereits in Weimar zum Hofpianisten ernannt, gehörte er zu den letzten Schülern Franz Lists in dessen sommerlichen Klavierstunden. Der Altmeister attestierte ihm „Ihr seltenes Talent ist offenkundig: es näher kennen zu lernen, wird mir sehr angenehm sein.“ Zahlreiche Konzertreisen schlossen sich an seine Ausbildung an. Berühmt wurde er mit seiner, noch in der Virtuosentradition des 19. Jahrhunderts stehenden, Interpretation der Klavierwerke von Ludwig van Beethoven und Johann Sebastian Bach. Er galt als „Universalerbe der pianistischen Kunst Listzs und Bülows“.

     Obwohl damals schon möglich, gibt es keine Grammophon-Aufnahmen seines Spiels. Doch historische Einspielungen mit dem pneumo-mechanischen Welte-Mignon Reproduktionsklavier auf Lochpapier sind konserviert. Mit Welte-Vorsetzer auf modernen Flügeln wiedergegeben sind sie aufgezeichnet auf CD beim Label TACET zu erhalten.

     Mit Engelbert Humperdinck, Richard Strauss, Gerhardt Hauptmann war d‘ Albert freundschaftlich verbunden, Richard Wagner war ihm Idol. Carl Bechstein, der Gründer der gleichnamigen Klavierfabrik in Berlin, war Hausfreund in Coswiger Zeit der d‘ Alberts. Deren erstgeborene Tochter Eugenia erhielt von ihm zur Taufe einen Flügel geschenkt.

     Als nahezu das einzige erhaltene Objekt jener Zeit und heute wohl auch das wertvollste, ist er zentraler Augenfang des ‚Eugen d‘ Albert & Teresa Carreño-Museums‘ in oberen Räumen der Villa Teresa. Nur noch ein Kachelofen der Meißner Ofen- und Porzellanfabrik vormals C. Teichert zeugt von der noblen Einrichtung der Villa zur ihrer Entstehungszeit. Vor Zerstörung durch Ausbau bewahrt und bei einer beherzten Coswiger Familie eingelagert, schmückt er jetzt den Kammermusik- und Veranstaltungssaal auf der Bel Etage der Villa, welcher durch Zusammenlegung mehrerer Räume entstanden ist. Bis auf dies ist das Haus in den frühen 2000er Jahren weitgehend historisch getreu restauriert und nachmöbliert.

     Aus Anlass des 150 Geburtsjubiläums d‘ Alberts jetzt im Juli neu gestaltet und erweitert, erinnern viele Bildoriginale, Autographen, Schriftwechsel, eine Tafel der Lebenswege und die Hörstation für Tondokumente an Werk und Leben des zu ihrer Zeit bedeutenden Virtuosen-Paares.

     Der ‚Villa‘ mit Ihrem Park wiederfuhr nach Trennung und Auszug der d‘ Alberts ein zunehmend wechselvolles Schicksal. Bis am Ende der DDR-Zeit – im ‚Volkseigentum‘ der Stadt Coswig seit 1961 – der Park verwildert und das Haus völlig ausgeräumt und heruntergekommen war. Mit einem einzigen Rückblick der Erinnerung, als der Botschafter Venezuelas 1987 eine Erinnerungstafel an Teresa Carreño anbringen ließ. Seit Mitte der 90iger Jahre pflegt, hervorgehend aus einem Kulturverein, die ‚Teresa Carreño & Eugen d‘ Albert Gesellschaft zu Coswig e.V.‘ das musikalische Erbe der beiden Künstler und fördert die Ausgestaltung der Villa Teresa Coswig zu einer lebendigen Gedenk- und Forschungsstätte. Die Verein ist die Einzige, der sich der Erinnerung an d' Albert widmet; der Carreño wird auch in den USA und in Lateinamerika gedacht. Mit Kraft der Stadt Coswig sind die Villa in etwa auf ihren Urzustand restauriert, die Komponierlaube wieder errichtet, der Park gepflegt zu einem Gesamtkleinod, das seinen Charme der Bel Epoche ausstrahlt.

     Die Villa Teresa Coswig lebt. Rund 70 Konzert- und Kulturveranstaltungen inzwischen im Jahr zählt die Leiterin Christiane Matthé und schildert dass die Stätte sich auch als Hochzeitsort bekannt gemacht hat. 5.000 Besucher im Jahr bringt das ins Haus mit steigender Tendenz. Die Ausstellung ist zugänglich zu den Veranstaltungszeiten und auf Verabredung.

Information:
www.boerse-coswig.de,

ww.villa-teresa.de,
www.tacet.de

      Wie die Geschichte der ‚Villa‘ entwickelte sich d‘ Alberts Schicksal mit Frauen wechselvoll. Nach 6. Ehe erklärte er sich zum „Weiberfeind“, hatte aber danach noch weitere Beziehungen, „seelische“. Als letzte Lebensgefährtin die viel Jüngere Virginia Zanetti, die Kinderpflegerin gewesen war. Er starb 68jährig in Riga, wohin er sich abgesetzt hatte, um seine Scheidung von letzter Ehe zu erwirken. Seiner letzten Gefährtin – „ohne diese junge Dame und ihre Pflege wäre ich längst tot“ - vermachte er die Original-Partitur und Dokumente betreffend »Tiefland«, die inzwischen verschollen sind. - La Musica ist doch eine Frau.

Fotos © Bäumler wie Fotos und Reproduktionen © PR Villa Teresa

http://de.wikipedia.org/wiki/Welte-Mignon
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