Otto Dix' Heimkehr
Zwei neue Dix im Albertinum
Die repräsentative Bilderschau des Malers Otto Dix (1891-1969) des Dresdner Albertinums ist um zwei bedeutende Werke erweitert. Im Dix-Saal sind nun mit »Stilleben mit Witwenschleier« und »Neugeborener mit Nabelschnur« die extremen Pole Geburt und Sterben dem epochalen Tryptichon »Der Krieg« im Otto-Dix-Saal gegenübergestellt. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden erhielten die Bilder als sichere Dauerleihgabe großzügig von der Otto Dix Stiftung Vaduz (Lichtenstein). Bäu 1.3.2017
»Neugeborener mit Nabelschnur auf Tuch«
Das Gemälde zeigt den 1927 geborenen Dix Sohn als schreienden, nackten Säugling auf einem in altmeisterlicher Manier gemalten Tuch liegen. Das Geburtswunder ist nicht idealisiert, sondern Dix zeigt das Neugeborene in roter Geburtsfärbung mit geschwollenem Gesicht und der noch bläulichen Nabelschnur bis ins Detail des hauchfeinen Abbindefadens - in ungeschöntem Realismus.»Stillleben mit Witwenschleier«
Dieses Gemälde entstand 1925 zu einer Zeit nach dem ersten Weltkrieg, als Kriegerwitwen der Glaube an den Heldentod ihrer Männer als Stütze dienen und sie trösten sollte. Dix drapiert auf einem Ständer mit Teilen eines Skeletts einen schwarz-durchsichtigen Witwenschleier mit einer Witwenkappe. Daneben stehen in einer Vase dunkle Schwertlilien, deren Ausprägung als Schwarz-Lilie traditionell für Tod und Entsagung steht. Das aufgewulstete Tuch und ein Maskengesicht an der Wand spreizen den Symbolgehalts auf von erotischer Frucht über Leben zu Tod. Mit ihrer Schrecklichkeit keinenfalls eine trostspendende Bildkomposition.Bildersturm und Bücherverbrennung
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten mit Hiltlers Ernennung zum Reichskanzler am 30.Januar 1933, war Otto Dix einer der ersten Professoren der Dresdner Kunstakademie, der entlassen wurde wegen "Verletzung des sittlichen Gefühls und Beeeinträchtigung des Wehrwillens". Dix versuchte sich freischaffend in Dresden zu halten, zog aber, weil er der unablässigen Diffamierung durch seine Dresdner nationalsozialistischen, weniger erfolgreichen Künstlerkollegen nicht standhielt noch im Herbst 1933 aus Dresden weg ins süddeutsche Hemmenhofen (Bodensee), seinem "Exil" der erzwungenen inneren Emigration bis 1945.
Seine Bilder waren auch die ersten, die mit den Feme-Aktionen "Entartetete Kunst" der Nationalsozialisten aus öffentlichen Sammlungen genommen genommen, der Städtischen und der Gemäldegalerie Dresden. Bei diesem Bildersturm spielte Dresden eine beschämende Rolle ganz früh eine beschämende Rolle - wie schon mit der ersten Bücherverbrennung unter der Egide der neuen Machthaber am 7. März 1933. Dix' Gemälde »Der Schützengraben" stand im Zentrum der Schandausstellung "Entartete Kunst" im Lichthof des Dresdner Rathauses von September bis Oktober 1933, als Beispiel "... für ausgeprägte politische Tendenz ... marxistischer Propaganda" , das mit acht weiteren seiner Gemälde von ihm in der Entartet-Ausstellung von München nach Berlin, Leipzig, Düsseldorf, Salzburg wanderte.
Die durch die"Säuberung von entarteter Kunst" vollständig von Dix geleerten Dresdner Sammlungen ließen sich nach dem Krieg sukzessive wieder mit Dix-Werken auffüllen. Rückführung von Auslagerungen, Erwerb direkt vom Maler wie aus Dixschem Familienbesitz und aus dem Kunsthandel, Restitutionen und besonders die spektakuläre Rückgabe 1956 aus der Sowjetunion brachten und bringen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und die Städtische Galerie-Kunstsammlungen auf einen international bedeutenden Bestand des großen Malers des späten Expressionismus der Moderne.
»Kriegsverletzter«
Zuvor war das "Gesicht eines Kriegsverletzten" - auch dieses im übertragenem Sinne "heimgekehrt" nach Dresden. Entstanden 1922 nach Skizzen die Dix, als Frontsoldat 1917/18 in den Schützengräben der Westfront angefertigt hatte, erwarben die die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden für das Kupferstichkabinett dieses von einem Sammler, der traumatisch eine ähnliche Kriegsverletzung erlitten hatte. Erstmals ausgestellt war es in der großen Sonderausstellung 2014 zur Hängung des "Kriegstryptichons" im dafür neuen Otto-Dix-Saal der Dresdner Bildergalerie der Moderne, Albertinum.
Die Städtische Galerie Dresden-Kunstsammlungen hatte 2005 über die "Heimkehr" bei ihr eines Gemäldes von Otto Dix berichten können:
Endgültig nach Dresden zurückgekehrt
Dank großzügiger Unterstützung mit einem hohen sechsstelligen Euro-Betrag konnte »Sonnenaufgang«, ein Schlüsselgemälde aus dem Frühwerk eines der wichtigsten deutschen Künstler des 20igsten Jahrhunderts, aus einer Auktion für die Städtische Galerie Dresden zurückgekauft werden. Damit ist das Bild mit seiner Geschichte des "Geschenkt-verfehmt-beschlagnahmt-versteckt-verkauft" nach 80 Jahren wieder an seinen angestammten Ort zurückgekehrt.
Kurz nach Hiltlers Machergreifung wurde das Bild als "entartet" ausgesondert, blieb aber noch im Bestand der Sammlungen, bis es dann 1937 beschlagnahmt und weggebracht wurde. 498 Werke gingen bei diesen Maßnahmen der Nationalsozialisten den städtischen Sammlungen verloren. Der größte Teil gilt bis heute verschollen.
2005 bereits war Otto Dix' »Sonnenaufgang« Magnet in der Ausstellung der neu eröffneten Stadtgalerie im vormaligen Landhaus Dresden. Damals noch als Leihgabe.
Ihren Gipfel fand die ideologische Diffamierung avantgarder Kunst 1937 in der großen Münchner Hassausstellung gegen Entartete-Kunst, in die auch die Dresdner Auswahl verunglimpfter Kunstwerke integriert war. Bei der folgenden, beispiellosen Beschlagnahme von Kunstwerken in öffentlichen Sammlungen des ganzen Landes, gingen aus städtischen Kunstbesitz Dresdens 498 Einzelwerke verloren. Die Meisten sind verschollen bis heute. Doch eines der eliminierten Gemälde, der »Sonnenaufgang« von Dix, ist nach wechselvoller Besitzgeschichte zurück gekehrt - 2005 noch als Leihgabe von privater Hand, jetzt endgültig. Mit seiner Karteikarte aus damaliger Zeit erzählt es eine wechselvolle Bildgeschichte. Bäu
Geschichte des Bildes und der Städtischen Galerie Dresden Kunstsammlungen:
veröffentlicht in TOP Magazin Dresden, 3/2005, Seite 40 bis 41
Kurz nach Hiltlers Machergreifung wurde das Bild als "entartet" ausgesondert, blieb aber noch im Bestand der Sammlungen, bis es dann 1937 beschlagnahmt und weggebracht wurde. 498 Werke gingen bei diesen Maßnahmen der Nationalsozialisten den städtischen Sammlungen verloren. Der größte Teil gilt bis heute verschollen.
2005 bereits war Otto Dix' »Sonnenaufgang« Magnet in der Ausstellung der neu eröffneten Stadtgalerie im vormaligen Landhaus Dresden. Damals noch als Leihgabe.
"Geschenkt - verfehmt - verkauft" - ein Otto Dix wieder zurückerworben
Ein »Sonnenaufgang« düster über grauem Schnee, im Jahr 1913 von dem jungen Otto Dix expressiv gemalt, 1920 von Dix der Stadt Dresden geschenkt, geriet 1933 in eine düstere Ausstellung im lichten Hof des Neuen Rathauses. Als „Entartete Kunst" dekadent, nichtarisch, undeutsch wurde in ihr ein großer Teil des städtischen Kunstbestandes an den Pranger gestellt. Zu dieser allerersten, der Femeschauen der Nationalsozialisten, strömten Besucher in Massen. Dresden spielte im dunkelsten Kapitel deutscher Kulturbarbarei eine beschämende Vorreiterrolle.Ihren Gipfel fand die ideologische Diffamierung avantgarder Kunst 1937 in der großen Münchner Hassausstellung gegen Entartete-Kunst, in die auch die Dresdner Auswahl verunglimpfter Kunstwerke integriert war. Bei der folgenden, beispiellosen Beschlagnahme von Kunstwerken in öffentlichen Sammlungen des ganzen Landes, gingen aus städtischen Kunstbesitz Dresdens 498 Einzelwerke verloren. Die Meisten sind verschollen bis heute. Doch eines der eliminierten Gemälde, der »Sonnenaufgang« von Dix, ist nach wechselvoller Besitzgeschichte zurück gekehrt - 2005 noch als Leihgabe von privater Hand, jetzt endgültig. Mit seiner Karteikarte aus damaliger Zeit erzählt es eine wechselvolle Bildgeschichte. Bäu
Geschichte des Bildes und der Städtischen Galerie Dresden Kunstsammlungen:
veröffentlicht in TOP Magazin Dresden, 3/2005, Seite 40 bis 41