Liederabend Sarah Maria Sun

Sarah Sun03Frühgeprägt von Musica-Viva-Konzerten des Karl Amadeus Harmann und den Donaueschinger Musiktagen der 50-Jahre, gefällt mir die neue CD von Sarah Maria Sun ausnehmend gut! 

veröffentlicht Musik in Dresden 17.7.2017, Neue Aufnahmen, Rezensionen

Wunderschön und schwer und gut

Sie saßen beim Frühstück in einer kleinen Stadt. Es war der Morgen nach Ihrem allerersten gemeinsamen Konzert. Ein Programm, das Zeiten, Stile, Perkussion, Sprachen, Klavier, Toy Piano, Cembalo, Perkussion, Repertoire für Mezzosopran, lyrischen Sopran, und Koloratursopran durchgeschüttelt hatte. Dabei auch Werke mit Tape oder Elektronik. Sie waren ernst, heiter bis komisch gewesen, hatten choreografische Einlagen auf dem Flügel vollführt und als Zugabe ein Duett gesungen. Und sie hatten herausgefunden, dass sie es genossen miteinander zu arbeiten. Sie waren ernst, heiter bis komisch gewesen, hatten choreografische Einlagen auf dem Flügel vollführt und als Zugabe ein Duett gesungen. Und sie hatten herausgefunden, dass sie es genossen miteinander zu arbeiten.
Philip bis ins Brot: „Unser nächstes Programm sollte noch schwerer sei. Es sollte überhaupt das schwerste Programm aller Zeiten sein. Wir sollten die tollsten Zeitgenössischen Lied-Meisterwerke alle in ein Programm stopfen. Es sollte wunderschön und schwer und vor allem irrsinnig gut sein. Ohne alten Kram“. (aus dem 24-seitigen, mehrsprachlichen Booklet der Compact-Disc)

      Dieses Programm ihrer „Frühstücksidee“, der Koloratursopranistin und Expertin für Neue Musik Sarah Maria Sun mit ihrem Pianisten Jan Philip Schulze, dessen besonderes Interesse der zeitgenössischen Musik gilt, wuchs und wächst weiter. Sie geben Einblick jetzt in ihr Projekt mit einem Auszug, der nun vorliegt als Album »modern lied« gepresst auf CD, vom New Yorker Label Mode Records.

Sarah Sun02      In der Reihe »Stimmkunst – Hörenswertes aus dem Reich der Stimmbänder« von SEMPER ZWEI hatte das Duo mit einem Liederabend die für die CD ausgesuchten Meisterwerke zeitgenössischer Liedkunst vorgetragen. Sie gaben damit Überblick in Ihre Wahl der besten und schwierigsten Meilensteine Neuer Musik eines gut halben Jahrhunderts Entstehungsgeschichte.

      Auch physisch schwer schien es am 3. Juni 2017 abends in SEMPER ZWEI zu beginnen, denn nebst Noten belegte ein großer Hammer das Pult, doch „nicht zum Zertrümmern des Flügels“ erklärte Jan Schulze, sondern für Betonungen „deren Laut sie hören werden“. Lachen lockerte und das „schwerste Programm aller Zeiten“ begann eher schwer-schön mit klavierbegleiteten »Sechs Liedern nach Morgenstern« von Heinz Holliger. Vom 17-Jährigen geschrieben in den frühen 1950-ger Jahren spielen die Komposition des Zyklus mit sehr weichen Harmonien zwischen Debussy, Berg, Ravel – noch vor seinen avantgardistischeren Perioden - wie der Komponist selbst diese Werk einordnet. 

     Dann folgte Salvatore Sciarrinos »Due Melodie«, ein virtuoses Klavierwerk mit Stimm-Begleitung von rasend atonaler Koloraturornamentik bis herunter zu stillstem Hauchen, Sprechen und verschiedensten Mundgeräuschen wie sie die Stimmkünstlerin Sarah Sun mit ihrem einen Organ so brillant hervorbringt. Noch weiter ausschöpfen konnte und musste die Sängerin die außergewöhnliche Bandbreite ihrer Stimm- und darstellerischen Fähigkeiten bei »Got Lost« - ganze 25 Minuten lang. Helmut Lachemann behandelt musikalisch in dieser Liedserie drei unterschiedlichste Texte von einem Nietzsche-Zitat bis zu einem Anzeigentext. Die artistische Vokalität des Vortrags gab nichteimal einer Text-Erahnung die Chance - bis auf ein herausgehörtes „ridiculos“ herrlich rollender R’s wegen. Insgesamt sechs Liedwerke 'Neuer Musik', darunter vier Erstaufführungen, präsentieren die beiden Interpreten auf der Disc.  

      Der Lieder-Abend endete mit einem choreografiertem Schauspiel der beiden – der Pianist nicht nur am, sondern auch überm Klavier, mitsingend – Georges Asperghis »Le rire physiologique – Mein Pianist ist unwiderstehlich«, dessen Lachen sich auch aufs Publikum übertrug. Nach mehreren Applausrunden dann noch die angeforderte Zugabe: Sarah Sun hinreißend in Divenpose auf dem Flügel mit Jan Schulze im Duett vereint »Something stupid« (Carson Parks). Der nostalgierende Pop-Hit aus 60-ger Jahren entließ ein vom Liedprogramm begeistertes Publikum heiter in die Nacht. Und einen Rezensenten, der musikalisch frühgeprägt von ‚Musica Viva Konzerten des Karl Amadeus Hartmann in München und 'Donaueschinger Musiktagen‘ sich in damals Avantgard Musik wieder mal einfühlen und sie genießen konnte - die CD mit dem 'best-off' avantgardistischen Liedguts aus seiner Lebenszeit legt er sich oft auf. (5.7.2017 Bäu)

Sarah Sun01 
    Sarah Maria Sun »modern lied« Jan Philip Schulze
, Liedgut Holliger, Sciarrino, Lachemann, Kurtág, Rihm, Lang. Disc des Label »mode« New York, erschienen 5. Juli 2017. Die CD entstand in Koproduktion mit BR KLASSIK.


      In Dresden war Sarah Maria Sun zusehen als Elsa in Salvatore Sciarrinos »Lohengrin« - von Publikum und Presse gleichermaßen gefeiert. Die aus der Kooperation der Semperoper mit den Salzburger Festspielen entstandene Koproduktion fand in Dresden zu einer anderen, nach Urteil des Renzensenten "besser verstandenen" Interpretation. Rezension: "Zweimal »Lohengrin« mit Sarah Maria Sun"  (Bäu 2.5.2017)


      Ihren nächsten Auftritt an der Semperoper gibt Sarah Maria Sun auf der Bühne SEMPER ZWEI in der Rolle der Hanna in »the killer in me is the killer in you my love« am 7. Januar 2018 und nachfolgend bis 16. Januar 2018.
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